Von Erik Pelzer
Ein Tag in Mittelerde
Anderthalb Stunden Reise durch flaches Land. Das Wetter hätte besser sein können, doch mein Blick reicht dennoch weit in die Ferne, kein Gebirge konnte ihn auffangen. Langsam bewege ich mich durch den noch leichten Morgennebel über ein taubedecktes Feld und gelange schließlich auf einen Trampelpfad, der nach und nach immer breiter wird. Feste Stiefel hinterließen ihre Fußabdrücke auf dem noch vom Regen weichen Boden. Neben den Spuren von kräftigen Schritten sehe ich außerdem die Eindrücke von Pferdehufen … und von etwas anderem. Mein scharfer Blick erkannte, dass platte, teils mit Lumpen umhüllte, teils nackte Sohlen das Fußabdruckpaar aus Mensch und Pferd überschritten hatte. Die Menschen wurden verfolgt, schoss es mir durch den Kopf!
Als ich meinen Blick wieder hob, schaute ich in die Gesichter zweier Hobbits, die genüsslich ihr Frühstück genossen und mich interessiert musterten. Nur wenige Schritt hinter ihnen schärften die Angehörigen der freien Völker aus Harad und Rhûn am Lagerfeuer ihre Klingen und pflegten ihre Rüstungen. Sollte ich die Hobbits warnen? Doch bevor ich mir weitere Gedanken machen konnte, rempelte mich ein dreckiger, zerlumpter Ork an, bleckte seine Zähne und grinste mit hungrigem Geifer seinen Spießgesellen an. Weitere Orks kamen dazu und mir wurde bewusst, in welch ausweglose Situation ich nun gelangt war, als sie ihre rostigen Messer zückten. Das war es also. Sollte es wirklich so enden? Bevor ich überhaupt die Gelegenheit bekam, in Bree auf ein von Samweis Gamdschie so hoch gelobtes, vortreffliches Bier im tänzelnden Pony einzukehren, würde ich das Abendessen von fünf Orks sein.
Während diese noch überlegten, ob sie mich nun langsam rösten oder kleinhacken und kochen oder ob sie sich nur der Reihe nach auf mich draufsetzen und zu Sülze zerquetschen sollten, sprang ein Mann mit einem langen Schweif am Helm mit seiner Lanze dazwischen. Auf seinem Schulterstück erkannte ich ein rotes Pferd auf silbernem Grund: ein Rohirrim! Die Orks wichen erschrocken zurück und achteten für den Bruchteil einer Sekunde nicht mehr auf mich. Das war meine Gelegenheit! Ich flüchtete so schnell ich konnte in den nahegelegenen Wald.
So in Eile wie ich war, merkte ich gar nicht, wie ich direkt in den nächsten Schrecken lief. Um mich herum war der Wald verklebt von Spinnenweben, deren Schöpfer auch nicht lange auf sich warten ließen. Erst erschienen viele kleinere Spinnen. Dann aber offenbarte sich ein großes, achtbeiniges und achtäugiges Exemplar, welches mir unmissverständlich zu verstehen gab, dass ich hier in ihr Gebiet besser nicht hätte eindringen sollen. Als ich mir völlig verängstigt die Bäume um mich herum ansah, wurde mir bewusst, dass ich auch bald das Schicksal mit den vielen eingewickelten und blutleeren Vögeln teilen würde.
Ein Kreischen ertönte plötzlich und durch die Baumwipfel offenbarten sich mehrere Adler. Sie packten mich und trugen mich fort von den Spinnen auf eine große mit Öllampen und Blüten gesäumten Waldlichtung. Ein Gefühl der Geborgenheit umgab mich. Hier fühlte ich mich wohl, hier wollte ich bleiben. Aus ihren prächtigen Bauten traten die anmutigen Elben hervor und baten mich, doch einzutreten. Im Innern war die Luft erfüllt von Athelas und frisch gebackenem Lambas. Frisch gestärkt war ich bereit für neue Abenteuer in Mittelerde.
Die Tolkien-Tage Online 2020
Das, was ich letztes Jahr auf den Tolkien-Tagen erlebt habe und wovon ich euch einen Eindruck zu vermitteln versucht habe, ist dieses Jahr leider nicht möglich. Jedes Jahr finden, von der deutschen Tolkien-Gesellschaft organisiert, in Geldern-Pont am Niederrhein die Tolkien-Tage statt: Ein Wochenende voller Vorträge, Cosplays, Schaukämpfen, Marktständen, Essen und Abenteuern in der Welt des Schöpfers des Herrn der Ringe.
Die aktuellen Beschränkungen machen es den Veranstaltern allerdings in diesem Jahr unmöglich, die Tolkien-Tage wie gewöhnlich zu feiern. Kurzerhand entstand die Idee der Tolkien-Tage Online. Mit einem reichen Programm aus lustigen Werbespots aus Mittelerde, Fanfilmen, Vorträgen, Hobbitkochshows oder auch Let’s Plays und Spielevorstellungen kann man als echter Tolkienist an diesem Wochenende noch bis Sonntagabend in die Welt um Frodo, Gandalt und Co. eintauchen. Wer mag kann sogar eine Spende in Smaugs Schatz werfen, auf dass wir im nächsten Jahr wieder in Pont feiern dürfen.
Die großen 5: Der Herr der Ringe-Spiele aus der Kindheit
Anlässlich der Tolkien-Tage Online fühlte auch ich mich berufen, meine neue Blogreihe mit einem Thema passend zum Herrn der Ringe zu beginnen. Ich möchte euch gerne meine persönlichen großen 5 Der Herr der Ringe-Spiele aus meiner Kindheit vorstellen.
# 5: Der Herr der Ringe: Die zwei Türme (Playstation 2)
Herausgeber: Electronic Arts
Entwickler: Stromfront Studios
Erscheinungsjahr: 2003
Bewertung:
Spielspaß: ★★★★★★★☆☆☆
Wiederspielwert: ★★★★★★☆☆☆☆
Story: ★★★★★★☆☆☆☆
Details: ★★★★★★☆☆☆☆
Gameplay: ★★★★★★★☆☆☆
Gesamt: ★★★★★★☆☆☆☆
Jeder kennt und liebt die Geschichte des zweiten Teils des großen Fantasy-Epos. In dieser Videospielfassung schlüpfen wir in die Rolle von Gimli, Legolas oder Aragorn und metzeln uns in feinster Actionspielmanier durch Horden von Orks, um Frodo und Sam aufzuspüren und Rohan auf den Mauern von Helms Klamm vor der dunklen Armee Sarumans zu verteidigen. Erst nur mit vier einfachen Attacken kämpfend, brachte ich Legolas schnell weitere Fähigkeiten und Angriffskombinationen bei, sodass sich die toten Orks und Uruk-Hai nur so vor mir auftürmten.
Doch nicht nur die individuelle Charakterentwicklung der drei Protagonisten begeisterte mich, ich erinnere mich auch noch lebhaft an die geheimen Bonuslevel. So kämpften ich und mein Bruder uns zusammen durch die vielen Etagen des Turms von Orthanc. Selten waren wir so froh, wie in dem Moment, in dem wir es endlich geschafft hatten, Saruman auf der Spitze des Turmes zu erreichen. Ein besonderes Schmankerl: Die Synchronsprecher des Filmes liehen auch dem Spiel ihre Stimme. Eine Empfehlung für alle Freunde von guter Herr der Ringe-Action.
# 4: Der Herr der Ringe: Die Gefährten (Playstation 2)
Herausgeber: Black Label Games
Entwickler: Vivendi Games
Erscheinungsjahr: 2002
Bewertung:
Spielspaß: ★★★★★★★☆☆☆
Wiederspielwert: ★★★★★★☆☆☆☆
Story: ★★★★★★★★☆☆
Details: ★★★★★★★★☆☆
Gameplay: ★★★★★★☆☆☆☆
Gesamt: ★★★★★★★☆☆☆
Auf dem vierten Platz landet der erste Teil des Herrn der Ringe. Weniger Action, dafür aber umso mehr Abenteuer prägen Die Gefährten auf ihrer Reise. Besonders mein Bild vom Auenland wurde von diesem Spiel geprägt. Stundenland konnte ich mit Frodo durch das Auenland flanieren und im Gasthaus zum Grünen Drachen tanzen. Nachdem ich eben noch eine Handvoll Aufträge für verschiedene Hobbits erledigt hatte –, die im Übrigen allesamt recht eckig und unförmig aussahen, was mich aber nie wirklich störte, – fand ich mich schon zusammen mit Sam, Merry und Pippin im Alten Wald. Letztere wurden vom alten Weidemann eingeschläfert und beinahe verschlungen. Doch Frodo gelang es, den Baum so lange zu ärgern, bis Tom Bombadil seine Freunde mit einem Reim befreien konnte. Tom Bomba … wer? Und was für ein Baum? Wie ihr hier sehen könnt, ist das besondere an dem Spiel, dass es nicht auf dem Film von Peter Jackson basiert, sondern direkt auf dem Buch aufbaut. Somit ist das Spiel in vielen Bereichen viel detaillierter als der Film. Nur daran, dass die Charaktere auch anders aussehen und sprechen, musste man sich doch etwas gewöhnen.
# 3: Third Age: Total War (PC)
Herausgeber: King Kong et al.
Entwickler: King Kong et al.
Erscheinungsjahr: 2009
Bewertung:
Spielspaß: ★★★★★★★★☆☆
Wiederspielwert: ★★★★★★★★★☆
Story: ★★★★★☆☆☆☆☆
Details: ★★★★★★★★★☆
Gameplay: ★★★★★★★★★☆
Gesamt: ★★★★★★★★★☆
Third Age: Total War ist die wohl berühmteste Modifikation des Strategiespieles Medieval II: Total War. Statt mit den Armeen des Heiligen Römischen Reiches dem Ruf des Papstes in das Heilige Land zu folgen, befehligen wir hier, neben vielen weiteren Fraktionen, die Menschen Gondors, die Orks von Gundabad oder aber die Haradrim mit ihren Olifanten in riesigen strategischen und epischen Schlachten. Wir befinden uns im dritten Zeitalter und das war es auch schon an lebendiger Story, die das Spiel neben der detaillierten Karte, den spielbaren Völkern und deren Einheiten und Helden aus der Feder J. R. R. Tolkiens bietet. Doch das verringert den Spielspaß nur geringfügig.
Toll ist, dass man auch über das Internet, über eine LAN-Verbindung oder auch abwechselnd an einem PC mit mehreren Personen gemeinsam oder gegeneinander um Mittelerde kämpfen kann. So führten mein Bruder und ich schon oft Isengart und Mordor zusammen in ein goldenes Zeitalter der Orks und Uruk-Hai. Also grabt eure alten LAN-Kabel aus dem Keller aus, stellt Chips und Bier bereit und startet eine LAN-Party im Kampf um Mittelerde (Tipp: Dabei kann man auch wunderbar eine LAN-Kabellänge Abstand voneinander halten).
# 2: Der Herr der Ringe: Schlacht um Mittelerde II (PC)
Herausgeber: Electronic Arts
Entwickler: Electronic Arts
Erscheinungsjahr: 2006
Bewertung:
Spielspaß: ★★★★★★★★☆☆
Wiederspielwert: ★★★★★★★★★☆
Story: ★★★★★★★★☆☆
Details: ★★★★★★★★★☆
Gameplay: ★★★★★★★★★☆
Gesamt: ★★★★★★★★★☆
In einer Reihe von vielen Echtzeitstrategiespielen sticht besonders eines in Herr der Ringe-Fankreisen hervor: Schlacht um Mittelerde II. Das mittlerweile leider nur noch zu horrenden Sammlerpreisen erhältliche Computerspiel lässt uns sowohl die Armeen des Guten wie des Bösen über verschiedene Karten befehligen. Der Clou ist hier allerdings, dass wir – im Gegensatz zu Klassikern wie Age of Empires – nicht nur einzelne Krieger ausbilden, sondern gleich immer ganze Bataillone. Angeführt von den großen Helden des dritten Zeitalters mit ihren Sonderfertigkeiten führen wir erbitterte Kämpfe, die oft nur durch eine Mischung von geschicktem und schnellem Aufbau des Stützpunktes, einer klugen Verwertung von Ressourcen und eine wohlüberlegten Strategie zum Erfolg führen. Oder man macht es wie ich, spielt mit den Elben und lässt Massen von Silberdornpfeilen – abgefeuert aus dem Verborgenen – auf die Gegner herabsausen. Und sind wir mal ehrlich, macht es nicht am meisten Spaß, die Gegner einfach mit einer riesigen Armee zu überrollen? Wie ihr auch spielen wollt, ihr könnt dem Spiel eure persönliche Note verpassen, indem ihr eigene Helden erstellt und diese in die Schlacht führt. Auch ist die Kampagne zu empfehlen, führt sie doch schön erzählt durch den Ringkrieg. Das Add-On Der Aufstieg des Hexenkönigs führt außerdem noch Angmar als spielbare Fraktion mit einer weiteren Kampagne ein.
# 1: Der Herr der Ringe: Das dritte Zeitalter (Playstation 2)
Herausgeber: Electronic Arts
Entwickler: Electronic Arts
Erscheinungsjahr: 2004
Bewertung:
Spielspaß: ★★★★★★★★★☆
Wiederspielwert: ★★★★★★★★☆☆
Story: ★★★★★★★★★☆
Details: ★★★★★★★★★☆
Gameplay: ★★★★★★★★★☆
Gesamt: ★★★★★★★★★☆
Mein Favorit in diesem Ranking ist eindeutig Der Herr der Ringe: Das dritte Zeitalter für die Playstation 2. Unzählige Stunden habe ich in diesem Spiel – alleine oder zu zweit im Koop-Modus – verbracht und die Mächte Sarumans und Saurons bekämpft. Die Geschichte des Spiels ist schnell erzählt: Berethor, der Hauptmann der Wache, wurde nach der Schlacht von Osgiliath vom Truchsess vom Gondor losgesandt, um Boromir zu finden. Nachdem ihm die Elbin Idrial vor den Nazgûl rettete, schließen sie sich nach und nach mit weiteren Gefährten (Wie dem Zwerg Hadhod oder dem Waldläufer Elegost) zusammen und folgen der Spur der Gemeinschaft des Ringes bis an die Füße des Schicksalsberges. Während des Spiels wird klar, dass die Gefährten des Rings ohne die Hilfe von Berethor und Co. keine Chance gehabt hätten. Im Film und in den Büchern wird dies zwar nicht ganz deutlich, aber selbstverständlich haben die Helden des Spiels Seite an Seite mit Gandalf gegen den Balrog auf der Brücke von Khazad-dûm gekämpft. Das rundenbasierte Kampfsystem lässt uns viel Zeit, unsere Strategie zu überdenken. Und das sollten wir auch, denn ohne eine kluge Verteilung der Erfahrungspunkte auf die individuellen Fertigkeiten der Charaktere und eine taktische Mischung aus Unterstützungs-, Heilungs- und Kampfaktionen sind die oft anspruchsvollen Kämpfe kaum zu meistern. Noch immer kenne ich die Finishing-Moves der Gefährten und ihre Kampfschreie auswendig.
Zwischen den Kämpfen laufen wir als einer der Helden durch das mit vielen Details angereicherte Mittelerde. So treffen wir schon sehr früh im Spiel auf die drei versteinerten Trolle, bekannt aus dem kleinen Hobbit, oder werden fast von einem toten Ork und Brunneneimer erschlagen, als der „närrische Tuk“ diese zum Ärger von Gandalf in den Brunnenschacht in Moria fallen ließ.
Schließen wir einen Abschnitt erfolgreich ab, dürfen wir zur Belohnung auch mal die Rollen tauschen und mit Orks, Uruk-Hais, Wargen oder sogar dem Balrog gegen die Helden kämpfen, um dadurch neue Gegenstände zu erhalten.
Besonders schön sind auch die zahlreichen Zwischensequenzen, in denen Gandalf Geschichten aus dem dritten Zeitalter mit Original-Filmszenen erzählt.
Grabt eure alten Spiele aus
Vielleicht habt ihr ja nun auch Lust bekommen, dass eine oder andere alte Spiel aus der Welt J. R. R. Tolkiens aus der Kiste im Keller auszugraben und einzulegen. Schreibt mir gerne in die Kommentare, welches euer liebstes Herr der Ringe-Spiel war. Und währenddessen könnt ihr euch noch bis heute Abend die Zeit mit dem abwechslungsreichen Live-Stream der Tolkien-Tage Online vertreiben.